Vertical Farming: Ein Beitrag zur Proteinversorgung der wachsenden Weltbevölkerung

Damit Nahrungsmittelproteine trotz extremer Wetterlagen und steigender Umweltbelastungen in Zukunft nicht Mangelware werden, setzen sechs Fraunhofer-Institute im Leitprojekt „FutureProteins“ auf Indoor-Farming-Systeme zur Kultivierung alternativer Proteinquellen: Wie Agrarprodukte erfolgreich in kontrollierten, geschlossenen Systemen erdlos angebaut werden können, zeigt das am Fraunhofer IME entwickelte, automatisierte Pflanzenzuchtsystem OrbiPlant®. Durch ein integriertes, wellenförmiges Förderbandsystem wird die Anbaufläche in vertikaler Richtung vergrößert. So lässt sich die im urbanen Umfeld meist limitierte Grundfläche bestmöglich für den Anbau von Pflanzen unterschiedlicher Art nutzen – völlig unabhängig von Wetter, Tages- und Jahreszeit.

Vertical Farming wird keine Nische bleiben – Prognosen sehen den Markt bereits 2030 bei einem Volumen von bis zu 24 Mrd. Dollar, weshalb auch die Wirtschaftlichkeit der Technologie betrachtet werden sollte. Ein wesentlicher Kostenfaktor im Vertical Farming ist die notwendige Klimatisierung und Beleuchtung. Zwar ermöglicht die künstliche Beleuchtung eine hohe Produktivität und Unabhängigkeit von Wettereinflüssen, doch verursacht sie auch Kosten und CO2-Emissionen. Der konkrete Standort sowie die Gestaltung und Dimensionierung des Energieversorgungssystems sind also entscheidende Faktoren für die Wirtschaftlichkeit der gesamten Anlage.
Das Forschungsteam am Fraunhofer IWU erstellte zunächst Energie-Szenarien für die jeweiligen Standortbedingungen in Berlin, auf Island, in Burkina Faso oder in Indien. In Dalvík auf Island herrscht ganzjährig kaltes Klima, die Winter sind lang und dunkel. Kongoussi in Burkina Faso wurde stellvertretend für ländlich geprägte, heiß-trockene Regionen ausgewählt. Die indische Stadt Chennai war bspw. 2019 von einer starken Wasserknappheit betroffen. Berlin repräsentiert gemäßigte Klimazonen. Jeder dieser Standorte erfordert ein maßgeschneidertes Konzept (Szenario) für Technologien zur Energieversorgung wie lokale Solar- und Windenergie, sowie zur Energiespeicherung, etwa mithilfe von Wasserstoff. In Berlin könnte bspw. eine Kombination aus Solarenergie und Batterienutzung sinnvoll sein, während in Island aufgrund der klimatischen Bedingungen die Nutzung von Geothermie in Betracht gezogen werden könnte. Nach der Erstellung der Szenarien bereitete das Team mit Unterstützung der Forschenden vom Fraunhofer IGB die Daten auf, um sie für spätere Schritte nutzen zu können. Die Daten beziehen sich z. B. auf den Leistungsbedarf bestimmter Komponenten oder auch die Menge an erzeugter Biomasse. Anschließend baute das Team Simulationsmodelle mehrerer Energieversorgungsstrategien auf. Diese Modelle ermöglichten es zunächst, die verschiedenen Szenarien detailliert zu analysieren und die besten Strategien für die jeweilige Region zu identifizieren. Anschließend leiteten die Forscher* innen daraus die Dimensionierung einzelner Komponenten ab, wobei Faktoren wie Energiebedarf, Verfügbarkeit von erneuerbaren Energiequellen und lokale klimatische Bedingungen zu berücksichtigen waren. Den Abschluss bildete eine Optimierung des Gesamtsystems hinsichtlich Kosten und Treibhausgasemissionen mit dem Ziel ökologisch und wirtschaftlich nachhaltiger Lösungen für die Energieversorgung von Vertical-Farming-Systemen.
Bei der Kultivierung von Weizengras im Vertical Farming machen die Kosten für die Beleuchtung und die Klimatisierung mehr als zwei Drittel der gesamten Betriebskosten aus. Daher ist es entscheidend, die Energiekosten so weit wie möglich zu reduzieren. Dies ist besonders wichtig für Standorte wie Berlin, wo die Energiebezugskosten im internationalen Vergleich sehr hoch sind.
In Ländern wie Burkina Faso können Energiespeicher wie Wasserstoff von großem Interesse sein. Dort ist das Stromnetz instabil und häufig von Ausfällen betroffen. In solchen ländlichen Gebieten ist es daher sinnvoll, auf mehr energetische Autarkie zu setzen. Eine vielversprechende Technologie, um überschüssige Energie zu speichern, ist die Wasserelektrolyse mithilfe von erneuerbaren Energien. Der so erzeugte Wasserstoff kann bei Bedarf in einem Brennstoffzellensystem wieder in elektrische Energie umgewandelt werden.

Quelle: Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU, Pressemeldung vom 21.08.2024



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 10/2024 auf Seite M561.

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