PRIMAL-Studie: Probiotika fördern die Reifung der Darmflora bei Frühgeborenen

In der multizentrischen klinischen PRiming IMmunity At the beginning of LIFE (PRIMAL)-Studie untersuchten Prof. Dr. Christoph Härtel der Kinderklinik des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) und sein Team den Einfluss von Probiotika auf die Darmflora von Frühgeborenen.

Das Darmmikrobiom zu Beginn des Lebens ist von entscheidender Bedeutung für die Prägung des Immunsystems und damit für die lebenslange Gesundheit. Frühgeborene sind besonders anfällig für Störungen der Darmbesiedelung und damit möglicherweise auch für spätere Erkrankungen wie Asthma, Autoimmunerkrankungen, metabolische Störungen und Übergewicht. „Der Goldstandard für die Entwicklung des Immunsystems ist für uns das reife, gestillte, Antibiotika unbehandelte Neugeborene, das nie vom elterlichen Kontakt getrennt war und bestenfalls mit Geschwistern aufwächst“, erklärt Härtel. Nach der Geburt sind Frühgeborene im Vergleich zu reifgeborenen Kindern einer nicht-physiologischen Umwelt ausgesetzt, weshalb ihnen die Möglichkeit fehlt, sich vielfältig zu besiedeln. Durch die Umgebung in der Intensivstation und den durch die erhöhte Infektanfälligkeit bedingten Einsatz von Antibiotika wird das Gleichgewicht der Mikroorganismen bei Frühgeborenen oft gestört. Es kommt zur Besiedelung mit antibiotikaresistenten Keimen, welche die Reifung des Immunsystems und die Ausbildung einer effektiven Immunantwort negativ beeinflussen können.
Um dies zu kompensieren, wurden den Säuglingen 28 Tage lang mit der Muttermilch oder künstlicher Frühgeborenennahrung Probiotika verabreicht, die mit lebenden Bifidobakterien und Lactobazillen angereichert waren. In insgesamt 18 Perinatalzentren wurden 643 Kinder, die zwischen der 28. und 33. Schwangerschaftswoche geboren wurden, nach Geschlecht und Gestationsalter gleichverteilt in die randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie eingeschlossen. Die Behandlung begann innerhalb der ersten 72 Stunden. Am 30. Lebenstag wurde das Mikrobiom der Frühgeborenen untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass das Mikrobiom die Besiedlung mit multiresistenten Bakterien nicht verhindern konnte. In der Interventions- und in der Kontrollgruppe waren 37 % der Kinder mit sog. MDRO+-Bakterien besiedelt (Multidrug-Resistant Organism). Das Studienteam konnte jedoch beobachten, dass die Frühgeborenen, die Probiotika erhielten, eine schnellere Reifung ihres Mikrobioms aufwiesen. Durch die Probiotikagabe war ihr Mikrobiom fast so gut ausgereift wie das von reifgeborenen Kindern. Somit konnten die Bifidobakterien und Lactobazillen die Besiedelung mit multiresistenten Bakterien in den ersten 30 Lebenstagen nicht verhindern, jedoch die Reifung des Mikrobioms fördern. Weitere Langzeituntersuchungen zu den Auswirkungen von Probiotikabehandlungen bei Kindern sind geplant. Diese Analysen könnten z. B. Aufschluss über einen vermuteten Zusammenhang zwischen gestörtem Darmmikrobiom und Autismus, ADHS, Asthma und Adipositas geben.

Quelle: Universitätsklinikum Würzburg, Pressemeldung vom 05.08.2024



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 10/2024 auf Seite M558.

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