Mikroplastik: Wie sich Mikroplastik in den Verdauungsorganen auswirkt

Mikroplastik ist u. a. in Gebrauchsgegenständen, Kosmetikprodukten, im Trinkwasser und in der Luft, die wir atmen, enthalten und gelangt über die Lunge, Haut und die Verdauungsorgane in unseren Körper. Mikroplastik gelangt auch auf verschiedenen Wegen in die Nahrungskette und so auf unsere Teller.

In zahlreichen Untersuchungen fanden Forscher*innen die winzigen Plastikpartikel bereits im Darm, der Leber, den Nieren, der Plazenta und auch im Gehirn. Die gesundheitlichen Folgen beim Menschen sind bislang noch unklar, jedoch legen vorläufige Studien nahe, dass Mikroplastik eine schädliche Wirkung entfalten könnte, wenn zusätzlich eine Vorerkrankung vorliegt. Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) erklärt, welche konkreten Erkenntnisse es zu den Auswirkungen von Mikroplastik gibt und warum seine Wirkung so schwierig zu erforschen ist.
„Die ungeheure Vielfalt der Kunststoffe lässt sich im Labor nicht abbilden, ebenso fehlt es an den für Studien notwendigen Vergleichspersonen, die gar keine Mikroplastik-Belastung aufweisen“, erläutert Prof. Dr. med. Birgit Terjung, Ärztliche Direktorin der GFO Kliniken Bonn und Mediensprecherin der DGVS. Hinzu kommt, dass mögliche Gesundheitsschäden nicht durch eine akute „Vergiftung“ verursacht werden, sondern dadurch, dass das Mikroplastik sich im Körper über Jahre und Jahrzehnte hinweg im Organismus anreichert, so Terjung. Nichtsdestotrotz zeichnen mittlerweile zahlreiche Studien die Wege des Mikroplastiks im menschlichen Körper nach und zeigen, dass Mikroplastik ein gesundheitsrelevanter Faktor ist. Die winzigen Partikel gelangen in den Blutkreislauf und weiter in Zellen und Gewebe im ganzen Körper. Je kleiner die Plastikteilchen sind, desto tiefer dringen sie in den Organismus ein. Eine aktuelle Studie hat Nanopartikel auch in arteriosklerotischen Plaques nachgewiesen und sie mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Komplikationen assoziiert. Neben der Größe könnte aber auch die Art des Kunststoffs entscheidend sein. Tierexperimentelle Versuche deuten darauf hin, dass die Kunststoffart darüber entscheidet, in welchem Umfang die Partikel aufgenommen werden und welche Wirkung sie im Organismus entfalten. So gibt es Hinweise, dass Mikroplastik, das in freier Natur gealtert und daher mit organischen Molekülen beschichtet ist, effektiver in Zellen eindringen kann. Zu den Zellen, die das Plastik besonders bereitwillig aufnehmen, zählen die Makrophagen, die „Fresszellen“ des Immunsystems. Diese können Erreger vernichten, jedoch nicht das aufgenommene Plastik verstoffwechseln. Zellkulturexperimente lassen jedoch vermuten, dass Makrophagen unter dem Einfluss von bestimmtem Mikroplastik mehr entzündungsfördernde Immunbotenstoffe produzieren.
Weitere Untersuchungen zeigen, dass sowohl bei einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung als auch bei einer Leberfibrose mehr Plastik im geschädigten Organ vorhanden sein könnte als im gesunden Gewebe. Allerdings ist hier der Kausalzusammenhang nicht geklärt. Es ist noch unklar, ob geschädigtes Gewebe mehr Mikroplastik aufnimmt oder die Schädigung das Ergebnis einer bereits vorhandenen Mikroplastik-Belastung ist. Trotz der unzureichenden Studienlage gibt es Hinweise, dass Mikroplastik einen relevanten Gesundheitsfaktor darstellt. „Zum Schutz des Menschen und der Umwelt ist es daher notwendig, einerseits die Belastung durch Mikroplastik zu verringern und andererseits die Forschung in dem Bereich auszuweiten“, sagt Terjung.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) e. V., Pressemeldung vom 25.07.2024



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 10/2024 auf Seite M557.

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