Neurologie: Gemüse und Obst schützen das Gedächtnis
- 03.08.2015
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- Redaktion
Für die Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift Neurology veröffentlicht wurde, hat ein Forscherteam von der McMaster University im kanadischen Hamilton die Daten von zwei großen Untersuchungen zur Wirkung blutdrucksenkender Medikamente neu ausgewertet.
Das Ergebnis: Die Studienteilnehmer, die sich am gesündesten ernährten, hatten ein um 24 Prozent geringeres Risiko für geistigen Abbau im Vergleich zu denen, die sich besonders ungesund ernährten. Als „gesund“ galt dabei eine Diät mit viel Obst, Gemüse, Nüssen oder Eiweiß aus Soja sowie bei tierischen Nahrungsmitteln die Formel „mehr Fisch als Fleisch“.
„Die Ergebnisse legen nahe, dass gesunde Essgewohnheiten nicht nur das Herz-Kreislauf-Risiko sondern auch das Risiko für kognitive Störungen, insbesondere bezüglich Aufmerksamkeits- und Kontrollfunktionen, aber auch von Gedächtnisstörungen, senken könnten“, kommentiert Professor Dr. Agnes Flöel von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie die Studie. Den deutlichen Unterschied von 24 Prozent zwischen dem besten und dem schlechtesten Fünftel der Teilnehmer hält Flöel in dieser multinationalen Untersuchung für bemerkenswert.
Interview zu zentralen kognitiven Leistungen
Die 27.860 Teilnehmer der Studie aus 40 Ländern waren mindestens 55 Jahre alt, sie litten an Herzerkrankungen oder hatten ein hohes Risiko für Diabetes mellitus. Gemessen wurde die geistige Leistung anhand des Mini-Mental-Status-Test (MMST), einem Standardtest zur Diagnose von Demenz und Alzheimer.
Der MMST wird als Interview durchgeführt. Anhand von festen Aufgabenkomplexen werden zentrale kognitive Funktionen wie zeitliche und räumliche Orientierung, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit, Sprachverständnis, Lesen, Schreiben, Zeichnen und Rechnen überprüft. In der Studie wurde der Test zu Beginn der Untersuchung und nochmals nach fünf Jahren durchgeführt.
In diesem Zeitraum beobachteten die Forscher etwa bei jedem sechsten Studienteilnehmer eine Verschlechterung der kognitiven Leistungen. Diese Informationen stellten die Forscher dann den Ergebnissen aus einer Befragung zu den Essgewohnheiten der Studienteilnehmer gegenüber.
Frage nach Inhaltsstoffen noch zu klären
Expertin Flöel hält es allerdings auch für möglich, dass die errechnete Risikoreduktion nicht allein auf das gesunde Essen zurückgeht, sondern auch eine Folge der verminderten Kalorienzufuhr sein könnte. Die Forscherin selbst hat die positiven Auswirkungen solch einer „kalorischen Restriktion“ vor einigen Jahren am Universitätsklinikum Münster nachgewiesen.
Damals konnte Flöel zeigen, dass ältere Versuchspersonen im Anschluss an eine dreimonatige verringerte Kalorienzufuhr besser lernten: Die Lernleistung stieg um 20 Prozent gegenüber der Vergleichsgruppe. Dieser Effekt beruht möglicherweise auf einem verbesserten Glukose-Stoffwechsel und einer damit verbundenen, positiven Wirkung auf insulinabhängige Stoffwechselwege im Gehirn, vermutet Flöel.
In der aktuellen Studie hatten die Forscher zwar mit statistischen Methoden mögliche Auswirkungen des Rauchens, des Körpergewichts und von sportlichen Aktivitäten herausgerechnet. Der unterschiedliche Energiegehalt der Nahrung wurde aber nicht berücksichtigt. Stattdessen ging es darum, wie viele Portionen Obst, Gemüse, Nüsse, frittiertes Essen oder Alkohol täglich konsumiert wurden, und wie das Verhältnis von Fisch zu Fleischprodukten und Eiern war.
Weiter kann die Studie nicht beantworten, welche Inhaltsstoffe der „gesunden Lebensmittel“ letztlich für die positiven Effekte verantwortlich waren. Dies wird weltweit derzeit intensiv untersucht, auch von der Arbeitsgruppe von Professor Flöel.
Mögliche Substanzen sind hier Omega-3-Fettsäuren, B-Vitamine und Nährstoffe, die eine Kalorienrestriktion imitieren, mit positiven Auswirkungen auf den Glukose-Stoffwechsel. Hierzu gehört zum Beispiel das in Weintrauben vorkommende Resveratrol oder die für Selbstreinigungsprozesse der Zelle wichtigen Polyamine, die unter anderem in Weizenkeimlingen oder Sojabohnen enthalten sind.
Weitere Informationen:
Meldung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
Originalpublikation: