Zu guter Letzt: Lebensmittelumsatzsteuer-Kuddelmuddel
- 09.06.2017
- News
- Prof. Dr. Helmut Heseker
Schon im Jahr 1968 wurde von der damaligen GroKo aus sozialen Gründen für Ausgaben des lebensnotwendigen Bedarfs – also auch für viele Lebensmittel – ein ermäßigter Umsatzsteuersatz eingeführt. Durch die Ermäßigung des Regelsteuersatzes von damals zehn Prozent auf fünf Prozent sollte die Grundversorgung einkommensschwacher Haushalte sichergestellt werden. Aus dem Regelsatz von zehn Prozent wurden inzwischen bekanntlich 19 Prozent und aus dem ermäßigten Steuersatz von fünf Prozent mittlerweile sieben Prozent.
Grundsätzlich liegt dem ermäßigten Steuersatz ja eine ganz vernünftige Idee zugrunde. Dieser gilt für fast alle Grundnahrungsmittel vom Apfel über Brötchen und Butter, Eier, Gemüse, Fisch und Fleisch, Kaffeebohnen, Kartoffeln, Quark oder Tee bis hin zum Zucker und viele daraus hergestellte Produkte. Aber nicht alle Lebensmittel kommen in den Genuss dieser Ermäßigung: Sobald aus dem Apfel etwa Apfelsaft wird, aus der Milch ein Milchmischgetränk mit weniger als 75 Prozent Milchanteil oder die Kaffeebohnen in Form von Caffé Latte aus dem Getränkeautomaten kommen, entfällt die Ermäßigung.
Während Smoothies und Gummibärchen, Trinkwasser, Froschschenkel und Wachteleier, Hundekekse und Katzenfutter offenbar zum Grundbedarf zählen und mit sieben Prozent besteuert werden, gilt für Mineralwasser und Erfrischungsgetränke, für Babynahrung, Schnecken und Hummer, Süßkartoffeln und Sojadrinks der volle Steuersatz.
Das Land braucht mutige Politiker
Ähnlich kurios ist, dass der Steuersatz auch von der Verzehrsituation abhängig ist: Werden etwa Hamburger und Pommes frites im Lokal sitzend gegessen, dann sind hierfür 19 Prozent, am Drive-in oder Imbissstand ohne Sitzgelegenheit dagegen (natürlich für den Kunden bei gleichem Verkaufspreis) nur sieben Prozent zu entrichten.
Für Lieferungen des Partyservice gilt in der Regel der ermäßigte Steuersatz, während der Gastronom seinen sich zum Mahl niedergelassenen Gästen für Speis und Trank grundsätzlich einen Steuersatz von 19 Prozent abverlangen muss. Ein ähnliches Durcheinander auch in der Gemeinschaftsverpflegung: Während das studentische Mensaessen mit sieben Prozent besteuert wird, hängt bei Schul- und Betriebskantinen der Umsatzsteuersatz stark vom Umfang der erbrachten Dienstleistungen ab.
Spätestens hier empfiehlt es sich, einen Steuerexperten zu konsultieren... Das Land braucht dringend mutige Politiker, um dem Steuerkuddelmuddel durch eine beherzte Reform sowie durch kluge gesundheitsförderliche Ideen ein Ende zu bereiten und diese frei von Lobbyinteressen durchzusetzen.
Ihr Helmut Heseker