Effektiv wäre, wenn die große Masse der Bevölkerung und hier besonders die „High-Consumer“ ihren Verzehr von tierischen Produkten etwas reduzieren würden, als wenn wenige Veganer versuchen, ihre ohnehin schon geringe CO2-Produktion weiter zu minimieren. ©
Effektiv wäre, wenn die große Masse der Bevölkerung und hier besonders die „High-Consumer“ ihren Verzehr von tierischen Produkten etwas reduzieren würden, als wenn wenige Veganer versuchen, ihre ohnehin schon geringe CO2-Produktion weiter zu minimieren. © BrianAJackson / iStock / Getty Images Plus

Zu guter Letzt: Die Klimatarier kommen

  • 12.09.2018
  • News
  • Prof. Dr. Helmut Heseker

Sie wissen in diesem heißen Jahrhundertsommer immer noch nicht, was Klimatarier sind? Unser Herausgeber Helmut Heseker klärt Sie auf.

Ein Klimatarier verhält sich durch und durch klimafreundlich. Das ganze Verhalten wird darauf ausgerichtet, möglichst wenig Ressourcen zu verbrauchen und wenig CO2 zu emittieren. Sie oder er hat einen überschaubaren Kleiderschrank, fährt möglichst viel Fahrrad und Bahn statt Auto und verzichtet selbstverständlich auch auf klimaschädliche Flüge, besonders auf der Langstrecke. Und: Klimatarier essen natürlich auch klimafreundlich. Von Öko-Banausen gern als „Gutmensch“ verunglimpft, tun sie und er sich und der Umwelt etwas Gutes und hoffen, der Klimaerwärmung ein Schnippchen schlagen zu können.

Wie wird man Klimatarier?

Ganz neu ist dieses ökologische Gedankengut nicht: Schon länger wird uns beigebracht, dass die Produktion tierischer Lebensmittel wesentlich mehr Ressourcen verbraucht und mehr klimaschädliche Treibhausgase erzeugt als die Herstellung pflanzlicher. Auch, dass regional und saisonal angebaute und am besten selbst zubereitete Bioprodukte klimatechnisch günstiger sind, zählt fast schon zum Allgemeingut. Leider hat dies an sich vernünftige Konzept unsere Mitmenschen bisher – abgesehen von der überschaubaren Gruppe von VeganerInnen – mit Blick auf die unzähligen sommerlichen Grillorgien nicht zu gravierenden Einschnitten ihrer Essgewohnheiten und ihres Fleischkonsums veranlasst.

Wie wird man Klimatarier? Inzwischen gibt es im Internet und Buchladen auch für Einsteiger leicht verständliche, Schritt-für-Schritt-Handlungsanweisungen. So wird vielleicht essbiografisch aus so manchem Omnivoren allmählich ein Flexitarier und bei zunehmendem Fleisch- und Fischverzicht langsam ein Vegetarier und manchmal auch ein Veganer.

Butter durch "klimasmarte" Margarine ersetzen

Dank der Ergebnisse der Klimaforschung kann sich jetzt der strenge Veganer zum veganen Klimatarier weiterentwickeln und die eigenen CO2-Emissionen noch weiter vermindern. Denn es gibt kluge CO2-Online-Rechner, mit denen sich zusätzliche Reduktionen erzielen lassen: Nudeln sind offenbar günstiger als Reis, Karotte und Zucchini günstiger als Tomaten, Frischgemüse und -obst günstiger als TK-Produkte. Wird auch die zweite Nachkommastelle der CO2-Emission von Brokkoli, Kohlrabi, Rosen-, Rot- und Weißkohl beachtet, wird noch weiteres Einsparpotenzial sichtbar.

Nicht sicher ist, ob die Hitze und Dürre des Sommers groß genug waren, um mehr Menschen zu Klimatariern werden zu lassen. Um die Gesamt-CO2-Emissionen durch Ernährung zu reduzieren, wäre es natürlich viel effektiver, wenn die große Masse der Bevölkerung und hier besonders die „High-Consumer“ ihren Verzehr von tierischen Produkten etwas reduzieren würden, als wenn wenige Veganer versuchen, ihre ohnehin schon geringe CO2-Produktion weiter zu minimieren. Es überrascht nicht, dass auch die Lebensmittelbranche längst das Potenzial eines klimatarischen Ernährungstrends erkannt hat. Ein Blick ins Impressum des o. g. Internetportals zeigt, dass ein führender Margarinehersteller hier bereits kräftig mitmischt und als erste Maßnahme empfiehlt, Butter durch die klimasmarte Margarine zu ersetzen. Durch derart plumpe Marketinggags von Trittbrettfahrern ist unser Klima aber wohl kaum zu retten!

Ihr Helmut Heseker

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