Eine Verbesserung der Ernährungssituation würde die Chancen von armen Kinder in Schule und Beruf deutlich verbessern, sagen Wissenschaftler. © ismagilov / iStock / Thinkstock
Eine Verbesserung der Ernährungssituation würde die Chancen von armen Kinder in Schule und Beruf deutlich verbessern, sagen Wissenschaftler. © ismagilov / iStock / Thinkstock

Armutsbedingte Fehlernährung von Kindern: Zu viele Kalorien – zu wenige Nährstoffe

  • 15.03.2018
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Die aktuelle Stellungnahme der Fachgesellschaft Society of Nutrition and Food Science (SNFS) mit Sitz an der Universität Hohenheim ist ein Appell an die neue Bundesregierung: Wenn Hartz IV-Empfänger nicht einen höheren Tagessatz für die Ernährung ihrer Kinder erhalten, drohen diesen körperliche und geistige Entwicklungsprobleme.

Mit 2,77 Euro für Kinder bis zum 6. Lebensjahr und 3,93 Euro für 6- bis 14-jährige sollen Hartz IV-Empfänger ihre Kinder gesund und vollwertig ernähren können – laut den Ernährungswissenschaftlern der SNFS eine unmögliche Aufgabe. Wer wenig zur Verfügung habe, greife eher zu Lebensmitteln, die preisgünstig sind, aber satt machen, so die Wissenschaftler. „Es gibt zahlreiche Untersuchungen dazu, dass die Qualität eines Lebensmittels, also die Menge an enthaltenen Mikronährstoffen, mit sinkendem Preis abnimmt, während der Energiegehalt zunimmt“, erklärt Prof. Dr. Biesalski, Ernährungsmediziner an der Universität Hohenheim.

Werden Kinder nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt, drohen körperliche und geistige Entwicklungsstörungen, die auch ihr Risiko erhöhen, später in Armut zu leben. Die Wissenschaftler appellieren daher an die Politik, diesem Problem mit einem höheren Tagessatz und anderen Maßnahmen zu begegnen.

Vier Euro sind nötig

Wer seinem Kind hauptsächlich Sättigungsbeilagen und Fettiges gebe, bekommt es zwar satt, riskiert aber, dass zu wenige Mikronährstoffe aufgenommen werden. Die Folge: Übergewicht bei unzureichender Versorgung mit Mikronährstoffen, auch als "double burden" bezeichnet. Übergewicht ist bei Kindern aus armen Verhältnissen in Deutschland dreimal häufiger anzutreffen als bei Kindern aus Familien mit gutem Einkommen. „Zudem zeigt eine Studie aus Brandenburg, dass Kinder aus armen Familien kleiner sind“, berichtet Prof. Dr. Biesalski. Ein Hinweis auf eine Wachstumsstörung, wie sie vor allem bei einer Ernährung mit zu wenig Mikronährstoffen zu beobachten ist.

Internationale Studien zeigen außerdem, dass Kinder aus Ländern mit hohen Einkommen, die dort in Armut leben, häufiger Entwicklungsstörungen des Gehirns haben. Einschulungsuntersuchungen in Brandenburg passen dazu: Hier wurden Entwicklungsstörungen der Sprache bei Kindern aus armen Familien 15 Mal häufiger erfasst, als bei Kindern mit höherer finanzieller Absicherung.

Eine Erhöhung des Hartz IV-Regelsatzes sei unumgänglich, mahnen die Forscher und sprechen sich für vier Euro am Tag für Kinder unter sechs Jahren aus. Zudem sollte besonders auf Kinder aus Flüchtlingsfamilien geachtet werden, da sie mitunter seit längerer Zeit fehlernährt sind.



Ein ausführlicher wissenschaftlicher Kommentar der SNFS zu den erwähnten Studien gibt es hier.

Quelle: Universität Hohenheim

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