Gesunde Kinderlebensmittel: Zeichentrickfiguren machen den Unterschied
- 17.06.2015
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- Redaktion
Kinder greifen bei Snacks besonders gerne zu, wenn die Verpackung ansprechend gestaltet ist. „Die Süßigkeitenindustrie hat sehr viel Erfahrung damit, wie sich mit Marketingeffekten der Produktabsatz bei Kindern steigern lässt“, sagt Prof. Bernd Weber vom Center for Economics and Neuroscience (CENs) der Universität Bonn. Vergleichsweise gebe es aber nur wenige Erkenntnisse darüber, wie sich solche Marketingeffekte für gesunde Lebensmittel nutzen ließen.
Diese Lücke soll nun eine Studie schließen, die ein Team um Prof. Weber zusammen mit Wissenschaftlern um Prof. Dr. Mathilde Kersting vom Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund (FKE) durchgeführt hat.
Insgesamt 179 Jungen und Mädchen von Dortmunder Grundschulen nahmen an dem Forschungsprojekt teil. Die Acht- bis Zehnjährigen konnten zwischen drei identischen Joghurt-Früchtemüsli-Snacks wählen, die nach den Empfehlungen des FKE hergestellt worden waren. Dabei waren nur die Verpackungen unterschiedlich gestaltet: Eine schlichte Standardverpackung, eine Verpackung mit zusätzlichen Gesundheitshinweisen und eine mit für Kinder besonders attraktiven Zeichentrickfiguren.
Gesundheitshinweise sind bei Kindern weniger beliebt
Die Forscher ermittelten die Motivation der Grundschüler, an einen bestimmten Snack heranzukommen, mit einem speziellen Messgerät, welches die Handgriffstärke misst. Es zeigt an, mit welcher Kraft die Kinder mit einer Hand zudrückten, wenn sie ihre Wunschpackung mit dem Müsli erreichen wollten. „Wir konnten mit diesem Handdynamometer ablesen, wie viel Anstrengung die Kinder bereit waren, für das Produkt zu leisten“, erläutert Erstautorin Laura Enax. Anschließend durften die Kinder von den Snacks in den unterschiedlichen Verpackungen kosten.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Motivation der Kinder für das Müsli in der Verpackung mit den attraktiven Zeichentrickfiguren am größten war. Die Messungen mit dem Dynamometer ergaben, dass sie besonders viel Kraft aufwendeten, um an diesen kindgerecht offerierten Snack heranzukommen. Auch beim Geschmackstest schnitt das Müsli mit den lustigen Zeichentrickfiguren am besten ab.
Sowohl die Standardverpackung als auch die an die Gesundheit appellierende Verpackung fielen in der Gunst der Kinder deutlich ab. Die Ergebnisse der Befragung und die Messung der Druckkraft trugen dazu bei, die spätere Produktwahl zu erklären. Dies weise darauf hin, dass die Befragung der Kinder alleine nicht ausreicht, um zu erfassen, was die Kinder lieber mögen, so die Forscher.
„Es handelt sich dabei um einen klassischen Marketingplaceboeffekt“, sagt Prof. Weber. Wie bei einem Scheinmedikament (Placebo) wird bestimmten Produkten eine Wirkung zugesprochen, ohne dass dies durch den Inhalt gerechtfertigt wäre. Während der Studie befand sich in jedem Becher der identische Joghurt-Früchtemüsli-Snack. Trotzdem glaubten die Grundschulkinder zu erkennen, dass sich der Inhalt der verschiedenen Verpackungen geschmacklich voneinander unterscheidet.
Marketingeffekte für gesunde Lebensmittel nutzen
„Attraktiv gestaltete Lebensmittelverpackungen können Kinder zu ungesunden Lebensmitteln verführen“, sagt Prof. Kersting vom FKE. „Solche Marketingeffekte lassen sich jedoch auch dazu nutzen, den Nachwuchs für gesunde Lebensmittel zu gewinnen.“ Die in der Studie herausgearbeitete Methode könne etwa eingesetzt werden, um zu untersuchen, wie die Attraktivität von Schulmilch oder Vollkornsandwiches gesteigert werden kann. Die Wissenschaftler wollen in weiteren Studien untersuchen, ob insbesondere stark übergewichtige Kinder besonders für Marketingplaceboeffekte auf Verpackungen empfänglich sind.
Weitere Informationen:
Center for Economics and Neuroscience at the University of Bonn (CENs)