Die Befragung der Schwangeren ergab, dass diese die Beratung gerne angenommen haben. © shironosov / iStock / Thinkstock
Die Befragung der Schwangeren ergab, dass diese die Beratung gerne angenommen haben. © shironosov / iStock / Thinkstock

GeliS-Studie: Beratungsgespräche beeinflussen exzessive Gewichtszunahme bei Schwangeren nicht

  • 27.04.2018
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Kürzlich wurden in München erste Ergebnisse der GeliS-Studie (Gesund leben in der Schwangerschaft) vorgestellt. Im Rahmen der Intervention sollten geschulte Hebammen, medizinische Fachangestellte und Gynäkologen Schwangere über Ernährung und Bewegung beraten. Der Anteil an Frauen mit exzessiver Gewichtszunahme wurde jedoch nicht wie erhofft positiv durch die Maßnahme beeinflusst.

Professor Hans Hauner erläutert die Ergebnisse der Studie. © Hauke Seyfarth
Professor Hans Hauner erläutert die Ergebnisse der Studie. © Hauke Seyfarth

Eine Gewichtszunahme von zehn bis 16 Kilogramm in der Schwangerschaft gilt als normal. Viele werdende Mütter nehmen jedoch übermäßig an Gewicht zu und riskieren so, auch nach der Schwangerschaft übergewichtig zu bleiben. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass im Rahmen "fötaler Programmierung" bereits die Grundlage für ein späteres Übergewicht des Kindes gelegt wird. 

„Die meisten Studien aus dem Bereich Ernährungs- und Bewegungsverhalten in der Schwangerschaft finden in Universitätskliniken oder ähnlichen akademischen Einrichtungen statt und lassen sich nicht auf die Verhältnisse in der Routineversorgung für Schwangere in Arztpraxen übertragen", sagte Professor Hans Hauner, GeliS-Studienleiter und Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin auf der eigens ausgerichteten GeliS-Fachtagung am 20. April 2018 in München. Ziel des Kooperationsprojektes war es daher, diesen Ansatz mithilfe von 2286 rekrutierten Studienteilnehmerinnen und 71 gynäkologischen Praxen in zehn Regionen Bayerns zu erproben und zu evaluieren. Damit ist die GeliS-Studie auch die weltweit größte Interventionsstudie ihrer Art.

Studiendesign
Studienlogo. © KErn
Studienlogo. © KErn

An der Studie nahmen sowohl normalgewichtige als auch übergewichtige Schwangere teil. Die Frauen in der Kontroll- und in der Interventionsgruppe unterschieden sich nicht bezogen auf Alter, Schwangerschaftsdauer (Gestationsalter) und sozioökonomische Faktoren. Die Teilnehmerinnen in der Interventionsgruppe wurden insgesamt vier Mal von extra für diese Studie geschulten medizinischen Fachangestellten, Frauenärztinnen und Frauenärzten oder Hebammen beraten. Drei Beratungsgespräche befassten sich mit Ernährung, Bewegung und angemessener Gewichtszunahme. Das vierte Gespräch fand nach der Geburt statt und fokussierte Themen wie die Bedeutung des Stillens. Die Kontrollgruppe nahm an der üblichen Schwangerschaftsvorsorge teil und erhielt zusätzlich Informationsmaterialien für ein gesundes Ernährungs- und Bewegungsverhalten in der Schwangerschaft. Alle Studien-Daten wurden anhand des Mutterpasses, des Geburtenprotokolls sowie mit validierten Fragebögen erhoben.

Intervention erwies sich als nicht effektiv

In der Kontrollgruppe nahmen 45,7 Prozent und in der Interventionsgruppe 45,1 Prozent mehr Gewicht zu als vom Institute of Medicine (IOM) empfohlen. Vor allem die übergewichtigen und adipösen Frauen überschritten häufig die Empfehlungen. Darüber hinaus half die Lebensstilberatung nicht, die Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen signifikant zu reduzieren. In der Interventionsgruppe zeigte sich jedoch durchschnittlich ein etwas niedrigeres Geburtsgewicht der Neugeborenen. „Die Intervention war leider nicht effektiv", resümierte Hauner. „Wir hätten uns hier ein anderes Ergebnis gewünscht, dennoch zeigt die Auswertung einmal mehr, dass Feldstudien eine andere Herausforderung sind als klinische Studien." Der Experte würde die Beratungsgespräche heute nur noch von gut ausgebildeten Ernährungsfachkräften durchführen lassen und erhielt dafür viel Zustimmung aus dem Publikum.

Die beteiligten Wissenschaftler betonten zudem, dass es sich als sehr komplex erwiesen hat, Arztpraxen für die Teilnahme an der Studie zu gewinnen und viele Ärzte erst "überredet" werden mussten. Möglicherweise wirkte sich diese Einstellung auch auf die Qualität der Beratung aus. Da die Teilnahme an der Studie für die Schwangeren so niederschwellig wie möglich gestaltet werden sollte, sei es erforderlich gewesen, viele gynäkologische Praxen einzuschließen, so Hauner.  

Die Auswertung der anonymen Teilnehmerevaluation ergab dennoch, dass die Schwangeren die Beratung gerne angenommen haben und sich wünschen, diese würden in die routinemäßige Schwangerenvorsorge integriert. 

Ausblick auf weitere Ergebnisse

Ob die Studie das Ernährungs- und Bewegungsverhalten der Teilnehmerinnen beeinflussen konnte, wird derzeit noch ausgewertet. Die Studienteilnehmerinnen und ihre Kinder befinden sich aktuell in der "Follow-Up-Phase", in der die Gesundheit von Mutter und Kind im weiteren Verlauf, sowie die kindliche Entwicklung bis zum Vorschulalter weiter beobachtet werden.



Weitere Informationen zur GeliS-Studie gibt es beim KErn Bayern.

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