© monkeybusinessimages / iStock / Thinkstock
Vorbild Eltern: Nur die Hälfte der deutschen Familien frühstückt regelmäßig gemeinsam. ©monkeybusinessimages / iStock / Thinkstock

Ohne Frühstück zur Schule: Ungesundem Trend effektiv begegnen

Frühstücksmuffel wählen einen schlechteren Start in den Tag als Menschen, die ihre Energiereserven mit Brot oder Müsli auffüllen. Gerade Kinder und Jugendliche verzichten oft auf die erste Mahlzeit nach dem Aufstehen. Eltern als Vorbilder, gute Argumente und die richtige Auswahl in der Brotdose können Schülern das Frühstücken wieder schmackhaft machen.

© nata_vkusidey / iStock / Thinkstock
Kreative Brotdose kindgerecht befüllt: Verlangen nach Süßem reduzieren. ©nata_vkusidey / iStock / Thinkstock

Immer mehr Kinder und Jugendliche gehen morgens ohne Frühstück aus dem Haus. Laut der Langzeitstudie DONALD (Dortmund Nutritional and Anthropometric Longitudinally Designed Study) nahm der Anteil derjenigen, die regelmäßig an drei Wochentagen zu Hause frühstückten, zwischen 1986 und 2006 kontinuierlich ab. Dieser Trend war bei den 13- bis 18-Jährigen ausgeprägter als bei jüngeren Kindern.

Auch die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) des Robert Koch-Instituts (RKI) von 2009 bis 2011 ergab: Fast jeder zweite Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren bricht ohne Frühstück auf. Von den 7- bis 10-Jährigen frühstücken dagegen über drei Viertel regelmäßig zu Hause; bei den 11- bis 13-Jährigen sind es 66 Prozent.

Nach den Gründen gefragt, heißt es oft „keine Zeit“ oder „keinen Hunger“. Manchmal liegt es schlichtweg an der Pubertät, denn dadurch ändert sich der Schlafrhythmus: Die Jugendlichen sind abends später müde und haben frühmorgens Startschwierigkeiten. Sie bleiben so lange wie möglich im Bett und gehen dann mit leerem Magen zur Schule.

Problematisch scheint eine fehlende Frühstückskultur in vielen Familien zu sein. Nach einer AOK-Familienstudie frühstückt nur die Hälfte der deutschen Familien regelmäßig gemeinsam. Ein Drittel der Eltern frühstückt nie oder nicht regelmäßig mit ihren Kindern.

Professor Christoph Klotter, Ernährungspsychologe an der Hochschule Fulda, kritisiert diese Entwicklung: „Beim Frühstücken kann die Familie eine entscheidende Rolle spielen. Ihr Einfluss ist bei Jugendlichen deutlich stärker als der von Freunden.“ Außerdem haben Eltern eine wichtige Vorbildfunktion. „Essentiell ist, dass die Eltern selbst frühstücken und das auch von ihren Kindern erwarten“, betont Klotter.

Auch Professor Dr. Mathilde Kersting vom Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund (FKE) sieht die Eltern in der Pflicht. „Die Eltern sind dafür verantwortlich, dass ihre Kinder morgens versorgt werden. Selbst wenn es nur ein Glas Kakao oder ein Brot auf die Hand ist.“

Wer jedoch ohne Frühstück aus dem Haus geht, lässt sich nicht nur einen entspannten Start in den Tag entgehen, sondern ist weniger leistungsfähig. „Die erste Mahlzeit des Tages füllt die über Nacht geleerten Energiespeicher wieder auf, speziell die Glykogenspeicher der Leber“, erklärt Professor Dr. Helmut Heseker, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Dazu brauchen Kinder und Jugendliche vor allem Kohlenhydrate. „Die sind der Brennstoff für das Gehirn, das ja in den folgenden Stunden besonders beansprucht wird“, so Heseker.

„Hauptbestandteil des ersten Frühstücks ist daher im Idealfall ein Getreideprodukt, zum Beispiel ein Vollkornbrot oder gutes Müsli.“ Weitere wichtige Komponenten seien ein Stück Obst, ein Becher Milch oder ein anderes Milchprodukt; dazu ein Glas Wasser, Kräuter- oder Früchtetee. Das sorgt für eine ausgeglichene Flüssigkeitsbilanz.

Wer so in den Tag startet, kann sich besser konzentrieren, ist leistungsfähiger und seltener hyperaktiv. Außerdem scheint das Frühstücken vor Übergewicht zu schützen, wie eine holländische Studie zeigen konnte. „Vor allem Mädchen lassen das Frühstück ausfallen, um abzunehmen“, warnt Klotter. Vermutlich bewirkt dieser Verzicht jedoch eine gewisse Überkompensation bei den anderen Mahlzeiten, so dass am Ende des Tages zu viel gegessen wurde.

Mit dem Argument der besseren Leistungsfähigkeit ließen sich Kinder und Jugendliche gut überzeugen, meint Klotter. „Außerdem ist das gemeinsame Frühstück als Ritual ein Entschleuniger. Die ganze Familie beginnt den Tag entspannt und ohne Hetze“, so Klotter. Gesundheit sei dagegen für die meisten Kinder und Jugendlichen ein zu abstrakter Begriff, den man sich sparen könne. „Hauptbestandteil des ersten Frühstücks ist daher im Idealfall ein Getreideprodukt, zum Beispiel ein Vollkornbrot oder gutes Müsli.“ Weitere wichtige Komponenten seien ein Stück Obst, ein Becher Milch oder ein anderes Milchprodukt; dazu ein Glas Wasser, Kräuter- oder Früchtetee. Das sorgt für eine ausgeglichene Flüssigkeitsbilanz.

Wissenschaftlich abgesicherte Informationen und Rezepte rund ums Frühstücken liefern zum Beispiel die „Empfehlungen für das Frühstück – Das Frühstücks-Zweimaleins mit OptimiX® des FKE. „Der Titel unserer Broschüre weist bereits darauf hin: Erst mit dem passenden zweiten Frühstück wird die Vormittagsverpflegung zu einer runden Sache“, sagt Kersting. „Wer morgens noch keinen Hunger hat, braucht eine größere Pausenmahlzeit“, so die Professorin. „Wer dagegen bereits zu Hause gut gefrühstückt hat, kommt mit einem kleinen Snack hin.“

Egal ob als Pausenbrot in der mitgebrachten Brotdose oder als Joghurt mit Früchten am Schulkiosk – das Pausenfrühstück liefert vollwertige Energie und reduziert das Verlangen nach Süßigkeiten. Die optimale Lebensmittelauswahl hierfür hat die DGE in die „Qualitätsstandards für die Schulverpflegung“ integriert. Diese und weitere Veröffentlichungen, Links und Serviceangebote lassen sich auf dem Portal „Schule plus 1 = Note 1“ nachlesen.

Grundschüler genießen die zweite Mahlzeit des Tages übrigens oft im Klassenverband. Das bietet den Lehrkräften Gelegenheit, den Inhalt von Brotdosen und Getränkeflaschen unter die Lupe zu nehmen. So können sie gemeinsam mit Schülern und Eltern erarbeiten, wie ein gesundes Schulfrühstück aussieht. Das Basiswissen hierzu sowie didaktische Anleitungen bietet etwa „Der Pausenbrot-Check für Kita und Schule“ vom aid infodienst

Um Kindern den Genuss von Obst und Gemüse schmackhaft zu machen, nutzen viele Grundschulen seit einigen Jahren auch das EU-Schulobst- und Gemüseprogramm. Die Kinder der daran beteiligten Schulen erhalten so regelmäßig und kostenlos eine Portion Obst und Gemüse.

Je älter die Kinder werden, desto mehr verliert das klassische Pausenbrot an Bedeutung. Idealerweise verfügt die Schule über einen gut sortierten Schulkiosk, der anstatt Limo und Süßigkeiten belegte (Vollkorn-)Brötchen, Milchprodukte (durch das EU-Schulmilchprogramm verbilligt) sowie frisches Obst und Gemüserohkost anbietet. Ist dies nicht der Fall, lohnt sich ein konstruktives Feedback seitens der Eltern.

Viele Schulen sind offen für Anregungen, denn eine gute Schulverpflegung wird mehr und mehr zu einem Entscheidungskriterium bei der Schulwahl.

Lehrkräfte, verantwortliche Mitarbeiter und ehrenamtlich beteiligte Eltern sollten bereits vor der Eröffnung praktische Anregungen für die Lebensmittelauswahl und die Organisation von Schulkiosk oder Cafeteria einholen. Diese bietet zum Beispiel die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in einer übersichtlichen Broschüre.

Wichtig für die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit ist darüber hinaus ausreichend Flüssigkeit. „Eltern sollten daher auf die Flüssigkeitsversorgung ihrer Kinder achten und dafür sorgen, dass sie in der Schule Zugang zu ausreichenden Mengen geeigneter Getränke haben“, betont Heseker.

Für Kinder und Jugendliche gelte, dass sie sich in der Regel auf ihr Durstgefühl verlassen können. „Am besten geeignet sind Trink- oder Mineralwasser und ungesüßte Kräuter- oder Früchtetees“, empfiehlt Heseker. Zuckergesüßte Getränke wie Limonaden, Eistees oder Fruchtsaftgetränke fördern dagegen die Entstehung von Übergewicht und gehören weder in den Ranzen noch an den Schulkiosk.

In der Praxis klappt das nicht immer: „Viele Kinder sind es einfach nicht gewohnt, Trinkwasser zu trinken“, weiß Kersting. „Gibt es aber in der Schule Trinkwasserspender, trinken sie automatisch mehr Wasser.“ Zu diesem Ergebnis kam die Trinkfit-Studie, in deren Rahmen leitungsgebundene Wasserspender in Grundschulen aufgestellt wurden. „Dabei haben wir auch festgestellt, dass Kinder zusätzlich zum Wassertrinken motiviert werden, wenn man ihnen eine trendige Trinkflasche zum Wiederbefüllen schenkt“, resümiert Kersting.

Gabriela Freitag-Ziegler



Weitere Informationen

Quellen:
Alexy U, Wicher M, Kersting M. Breakfast trends in children and adolescents: frequency and quality. Publ Health Nutr (2010) 13(11): 1795-1802 (Abstract) / DONALD Studie

Croezen S, Visscher TL, Ter Bogt NC et al.: Skipping breakfast, alcohol consumption and physical inactivity as risk factors for overweight and obesity in adolescents: results of the EMOVO project. Eur J Clin Nutr 63 (3), 405–12 (2007) (Abstract)

Klotter C, Fett F: Frühstücksverhalten von Kindern und Jugendlichen: Wie lässt es sich gesundheitsförderlich beeinflussen? Ernährung im Fokus (2015) 03/04: 66-71

Robert-Koch-Institut (Hrsg.): Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland – 2013, Berlin 2014

SINUS Markt und Sozialforschung GmbH: AOK Familienstudie 2014 – Forschungsbericht des SINUS Instituts. Teil 1: Repräsentativbefragung von Eltern mit Kindern von 4 bis 14 Jahren.



Das könnte Sie auch interessieren:

Kindergesundheit: Frühstück zu Hause kann das Herz schützen

Richtig frühstücken: Tipps für das ideale Pausenbrot  

Schulfrühstück – Was kann Deutschland aus den US-Erfahrungen lernen? Erschienen in der Ernährungs Umschau, Ausgabe 02/14.

Frühstücksgewohnheiten und kognitive Leistungsfähigkeit bei Kindern und Jugendlichen. Erschienen in der Ernährungs Umschau, Ausgabe 06/12

Das könnte Sie interessieren
Neue „Frückstücksrichtlinie“: Änderungen bei Kennzeichnung und Zusammensetzung für Honig &... weiter
Frühstücken in der Schule? weiter
Immer häufiger Cannabinoide in Süßwaren weiter
Lebensmittelsicherheit: Immer häufiger Cannabinoide in Süßwaren weiter
Bunt und außer Kontrolle weiter
Alkohol – DGE-Positionspapier gibt Handlungsempfehlungen weiter