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Wer Grillgut nicht zu lange erhitzt, vermeidet die Kontamination durch Schadstoffe. © KatarzynaBialasiewicz / iStock / Thinkstock

Gesundheit: Mit gutem Gewissen grillen

Endlich ist es richtig warm – gute Voraussetzungen für gesellige Grillabende. Damit Steaks und Co. nicht nur gut schmecken, sondern auch die Gesundheit nicht gefährden, raten Experten zu mehr Achtsamkeit. Bevor die Glut heiß ist, sollten Grillfans einige Empfehlungen zu Hygiene und Zubereitung beachten.

Sobald die Grillsaison gestartet ist, gibt es beinahe täglich etwas zu riechen: Aus Gärten und von Balkons duftet es nach frisch gebratenem Fleisch und anderem Grillgut. Über gesundheitsgefährdende Aspekte dürften sich dabei die Wenigsten Gedanken machen, zumal Schadstoffe oder Krankheitserreger nicht immer offensichtlich erkennbar sind.

„Grillabende ziehen sich oft mehrere Stunden hin. Erreger wie Salmonellen oder Campylobacter können sich auf dem Fleisch oder in den Grillsoßen schnell vermehren und zur ernsten Gesundheitsgefahr werden“, sagt Alfonso Lampen, Leiter der Abteilung Lebensmittelsicherheit im Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Gefahr geht hier vor allem von Fleisch und Speisen aus, die mit rohen Eiern hergestellt werden.

Mikrobielle Kontamination
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Campylobacter-Nachweis: Einige hundert Keime können bereits krank machen. © Linde Stewart / iStock / Thinkstock

Die in Deutschland bekannteste durch Lebensmittel verursachte Erkrankung ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes die Salmonellen-Infektion. Im Jahr 2013 waren rund 5600 Patienten infiziert und mussten vollstationär im Krankenhaus behandelt werden. Insgesamt ist die Zahl der Behandlungsfälle jedoch deutlich zurückgegangen – sie sank zwischen 2000 und 2013 um 56 Prozent.

Die hochinfektiösen Campylobacter-Bakterien kommen dafür umso häufiger vor. Etwa auf rohem Geflügelfleisch, was zu Durchfällen führen kann. Im Gegensatz zu Infektionen durch Salmonellen haben sich Campylobacter-Infektionen seit dem Jahr 2000 fast verfünffacht (von 2300 auf 11.300 Patienten im Jahr 2013). Als Grund nennt das Statistische Bundesamt unter anderem die steigende Beliebtheit von Geflügelfleisch. Campylobacter-Bakterien können zum Beispiel beim Schlachten oder beim Melken auf und in Lebensmittel gelangen.

Das BfR empfiehlt, jegliches Fleisch nur gut durchgegart zu verzehren und bei Hähnchenschenkeln oder Putenkeulen auf die Farbe des Fleisches zu achten. Es sollte auch am Knochen weiß bis grau aussehen. Von Grillsoßen und Marinaden kann ebenfalls Gefahr ausgehen, wenn sie zu lange ungekühlt aufbewahrt werden. Und wer sich nach dem Grillen noch etwas Süßes gönnen will, sollte auf frische Nachspeisen mit Ei wie Tiramisu verzichten – zumindest wenn diese nicht unmittelbar zubereitet wurden und ebenfalls aus der Kühlung kommen.

Schadstoffe
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Gepökelte Fleischwaren wie Leberkäse gehören nicht auf den Grill. © photohomepage / iStock / Thinkstock

Ob Steak, Bratwurst oder Fischfilets: Die Auswahl an Grillgut ist groß – genau wie die Möglichkeiten der Zubereitung. Hier sollte auf die richtigen Produkte geachtet werden: „Wir raten davon ab, gepökelte Fleisch- oder Wurstwaren zu grillen. Aufgrund des enthaltenen Nitritpökelsalzes können beim Grillen krebserzeugende Nitrosamine entstehen“, sagt Lampen. Hitze fördert zusätzlich die Entstehung dieser organischen Verbindungen aus Nitrit und sogenannten sekundären Aminen. Das heißt, dass sich Produkte wie Leberkäse, Frühstücksspeck oder Bockwürste nicht zum Grillen eignen.

Beim Erhitzen von Speisen entwickeln sich darüber hinaus zahleiche Röststoffe und Aromen, die dem Grillgut den typischen Grillgeschmack geben. Daneben entstehen jedoch vor allem beim Grillen über Holzkohle Stoffe, die gesundheitsschädigend wirken können. Nennenswert sind heterozyklische aromatische Amine (HAA) und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). In Tierversuchen können sie nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) in hohen Dosen krebserregend und erbgutverändernd wirken. Beim Menschen wird eine krebserregende Wirkung derzeit nicht ausgeschlossen.

HAA bilden sich laut DGE, wenn proteinreiche Lebensmittel wie Fleisch oder Fisch bei über 150 °C scharf angebraten oder gegrillt werden. Bei den PAK verhält es sich ähnlich: Je stärker das Grillgut angebrannt ist, desto höher sind die Gehalte des Schadstoffs. Vor allem, wenn Lebensmittel direkt über rauchendem und offenen Feuer zubereitet werden, oder wenn Fett in die Glut tropft.

Auf Menge und Häufigkeit beim Fleischverzehr achten
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Prof. Dr. Pablo Steinberg © TiHo / Hannover

Wer sich jetzt große Sorgen macht, beim Grillen zu vielen Schadstoffen ausgesetzt zu sein, dem kann Entwarnung gegeben werden. „Beim klassischen Erhitzen von Fleisch können HAA und PAK entstehen, allerdings halten sich die Werte in Grenzen, wenn das Grillgut nicht zu lange erhitzt wird und vor allem nicht verkohlt“, sagt Professor Dr. Pablo Steinberg, Leiter des Instituts für Lebensmitteltoxikologie und Chemische Analytik der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Vielmehr solle jeder verstärkt auch auf die eigenen Verzehrmengen von rotem Fleisch achten, so der Experte. Hierzu zählt vor allem Rind-, Schweine- und Lammfleisch, welches sich gut grillen lässt.

„Aktuell wird viel über eine weitere Gruppe von Stoffen diskutiert, die ihren Ursprung in den Hämoglobin-Molekülen in rotem Fleisch haben und bei übermäßigem Verzehr mit Dickdarmtumoren korrelieren sollen“, sagt Steinberg. Rotes Fleisch enthält deutlich mehr des „Blutfarbstoffs“ Hämoglobin als weißes Fleisch. Hier gebe es seit einigen Jahren Studien, bei denen in den Stuhlproben von Probanden mit einem hohen Verzehr an rotem Fleisch vermehrt so genannte endogen gebildete Nitrosoverbindungen gemessen wurden, weiß der Biochemiker. Diese Verbindungen können zusätzlich auch durch körpereigene Bakterien im Darm gebildet werden.

„Zu den Nitrosoverbindungen gehören neben Nitrosaminen auch Nitrosothiole sowie Nitrosyl-Häm. Sie stehen im Verdacht, Aminosäuren wie zum Beispiel Glycin anzugreifen. Dabei läuft eine Kette von Reaktionen ab, die letztendlich dazu führt, dass einzelne Basen der DNA verändert werden können. Nitrosoverbindungen stellen also eine potenziell wichtige Gruppe von Dickdarmkanzerogenen dar.“ Steinberg empfiehlt allen Grillfans nicht nur darauf zu achten, das Fleisch möglichst schadstofffrei zuzubereiten. Ebenso wichtig sei es, die verzehrte Menge an rotem Fleisch im Auge zu behalten.

Für ein abwechslungsreiches Grillmenü eignen sich auch viele feste Obst- und Gemüsesorten wie Ananas, Äpfel, Nektarinen, Aprikosen, Kartoffeln, Zucchini, Paprika oder Champignons. Wer ganz auf Fleisch verzichten möchte kann Grillkäse und Tofuprodukte in Form veganer Steaks und Würstchen (nicht geräuchert) grillen.

Die richtige Grillvariante schützt

Ganz vermeiden lassen sich die genannten Schadsubstanzen nicht. Die Wahl des Grills und die Lagerung der Kohle helfen jedoch, die Gefahr einzudämmen. „Wenn die Kohle seitlich im Grill liegt und die Hitze nicht direkt von unten aufsteigt, geraten weniger Schadstoffe an Fleisch und Gemüse“, erklärt Steinberg. Dieses indirekte Grillen schütze auch davor, dass zu viel Fett auf die Glut tropft.

Beim klassischen Holzkohlegrill sollte immer darauf geachtet werden, dass zwischen Kohle und Fleisch ein entsprechend großer Abstand besteht. Anderenfalls könnten Stichflammen das Fleisch verbrennen. Mageres Fleisch verliert weniger Fett und eignet sich somit besser für eine mittig liegende Glut. Der Experte rät außerdem dazu, Aluschalen zu verwenden. „Hier sollte das Fleisch sobald es fertig gegrillt ist nicht in der Schale verbleiben, sondern zügig auf einen anderen Teller gelegt werden“, sagt Steinberg. Die mögliche Freisetzung schädlicher Aluminiumionen werde so umgangen. Alternativ eignen sich Edelstahlschalen, die mehrmals verwendet werden können.

Bei Gas- und Elektrogrills reduzieren sich die Schadstoffe aufgrund der Zubereitung deutlich. Zwar kann auch hier Fett auf die Heizschlage tropfen und verbrennen, der größte Teil dürfte jedoch ablaufen oder in ein Wasserbad fallen. Brennen trotzdem Lebensmittel an, sollten die verkohlten Stellen weggeschnitten werden.

mya



Weitere Informationen:

Grillsaison – Tipps für die Fleischzubereitung auf dem Rost (aus ERNÄHRUNGS UMSCHAU 07/2008 ab Seite B25)

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